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Christliche Mission unter Juden

Dieses Thema erhitzt grundsätzlich die Gemüter. Sofort denken viele an mittelalterliche Zwangsbekehrungen, Kreuzzüge und Pogrome.

Beim Kirchentag 1999 in Stuttgart sorgte bereits im Vorfeld die bloße Teilnahme des »Evangeliumsdienstes für Israel« für Furore: Die »Arbeitsgemeinschaft Juden und Christen« schränkte ihr Programm stark ein und organisierte spontan eine Podiumsdiskussion, auf der nur Gegner der »Judenmission« vertreten waren. Sie erwirkte die Resolution »Nein zur Judenmission«, in der es heißt: »Darum widersprechen wir der Aussage: Jüdinnen und Juden hätten es für ihr Heil nötig, dass ihnen Jesus als der Messias verkündigt wird. Der Bund Gottes mit seinem Volk gilt uneingeschränkt. Daher ist es falsch, Jüdinnen und Juden nach ihrer Stellung zu Jesus als dem Messias zu beurteilen. [...] Darum widersprechen wir allen Unternehmungen von Christen, gegenüber Juden Bekehrungsversuche direkt zu betreiben oder indirekt zu unterstützen.« (1)

Nach Ansicht des württembergischen Landesrabbiners Joel Berger besteht der »Evangeliumsdienst für Israel« aus Leuten, »die mich als Juden eliminieren wollen«. Über die Mission unter Juden sagte er: »Für mich ist das eine Fortsetzung des Holocaust mit anderen Mitteln.« (2)

Was aber ist davon zu halten, wenn Christen den Missionsauftrag Jesu – immerhin seine letzten Worte – auch gegenüber den Juden ernst nehmen? »Darum geht zu allen Völkern und macht sie zu Jüngern. Tauft sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie alle Gebote zu halten, die ich euch gegeben habe.« (Matthäus 28, 19.20)

In der Tat ist es so, dass aufgrund der Gewalt, die Christen an Juden im Laufe der Geschichte verübt haben, es viele Juden als zynisch empfinden, wenn ihnen nun Jesus Christus als »Retter« verkündigt wird. Auf diese Tatsache weist die »Arbeitsgemeinschaft Juden und Christen« auch zu Recht hin. Dennoch gibt es bis auf den heutigen Tag Juden, die an Jesus als den Messias glauben, die »Messianischen Juden«. Sie stellen die Gegner der christlichen Mission unter Juden vor ein Problem, denn sollten diese recht haben, dürfte es solche Juden gar nicht geben.

In der Praxis werden sie darum auch oft ignoriert. Die Kirche akzeptiert sie nicht als Christen, die Israelitische Religionsgemeinschaft nicht als Juden.

Folgende Gründe jedoch sprechen für die Verkündigung des Evangeliums von Jesus Christus auch unter Juden:

Evangelikale Kreise konnten darum diese Kirchentags-Resolution nicht akzeptieren. Hermann Barth, theologischer Leiter des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland, sagte: »Ich sehe ... keinen stichhaltigen theologischen Grund dafür, dass Christen – sei es in Deutschland oder anderswo – gegenüber Juden von Jesus Christus schweigen.« Angesichts des Lebens und Glaubens des Apostels Paulus fragte er: »Soll denn die frühchristliche Missionsgeschichte, insbesondere die missionarische Tätigkeit des Paulus, ein grandioser theologischer Irrtum gewesen sein?« (3)

Der württembergische Landesbischof i. R. D. theol. Theo Sorg gab auf dem Stuttgarter Kirchentag während seiner Bibelarbeit am Tag nach der Resolution »Nein zur Judenmission« die folgende persönliche Erklärung ab. Sie wurde von den Zuhörern spontan zur Resolution der von der Lebendigen Gemeinde eingerichteten »Werkstatt Pietismus« erhoben:

»In einer Arbeitsgruppe des Kirchentages wurde gestern eine Erklärung verabschiedet unter der Überschrift ›Ja zur Partnerschaft und zum innerbiblischen Dialog, Nein zur Judenmission!‹ Die Erklärung endet mit dem Satz: ›Darum verbietet sich für Christen jeder Versuch, an Juden mit missionarischer Absicht heranzutreten.‹ Dieser Erklärung möchte ich unter Berufung auf das Neue Testament in aller Form widersprechen. Es ist mir bewusst, dass das Christuszeugnis in Israel eine andere Qualität hat als die Mission unter Heiden. Deshalb vermeide ich den Begriff ›Judenmission‹, weil er missverständlich ist. Lieber spreche ich vom christlichen Zeugnis an Israel. Es ist mir weiter bewusst, dass unser christliches Zeugnis an Israel aufs Schwerste belastet ist durch das, was an Schrecklichem gerade durch unser deutsches Volk an Israel besonders auch in diesem Jahrhundert geschehen ist. Man kann sehr wohl darüber reden, ob es spezielle Aufgabe von uns Deutschen ist, Juden zum Messias Jesus einzuladen, solange die Holocaust-Generation noch am Leben ist.

Dies alles kann nicht aufheben, dass Jesus, der Sohn Gottes, zuerst für Israel gekommen ist, dass er auch für Israel am Kreuz gestorben und am dritten Tag wiederauferstanden ist. Jesus ist der Heiland der Völker und der Messias Israels. Man muss dem Neuen Testament Gewalt antun, wenn man diese biblische Linie abblenden und auf die Seite legen will. Deshalb muss ich der Erklärung der Arbeitsgruppe mit Entschiedenheit widersprechen.« (4)


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Quellennachweis

(1) Resolution der Arbeitsgemeinschaft Juden und Christen am 17.06.1999, zitiert in: Lebendige Gemeinde 3/99, Sondernummer zum Stuttgarter Kirchentag 1999, Selbstverlag der Ludwig-Hofacker-Vereinigung, Korntal-Münchingen 1999
(2) Joel Berger, württembergischer Landesrabbiner, in der Stuttgarter Zeitung, Samstag, 19. Juni 1999, Seite 38
(3) Zitiert in: Lebendige Gemeinde 3/99, Sondernummer zum Stuttgarter Kirchentag 1999, Korntal-Münchingen 1999
(4) D. theol. Theo Sorg, württembergischer evang. Landesbischof i. R., am 18.06.1999, zitiert in: Lebendige Gemeinde 3/99, Sondernummer zum Stuttgarter Kirchentag 1999, Korntal-Münchingen 1999

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