Im Talmud heißt es: »Die Welt wird vom Atem eines Kindes in der Schule getragen«.
Bildung und Erziehung sind ein kostbares Erbe in Israel. Gemäß der Tradition vorheriger Generationen wird der Bildung auch in der heutigen israelischen Gesellschaft ein fundamentaler Stellenwert beigemessen. Sie wird als Schlüssel zur Zukunft angesehen. Das israelische Erziehungssystem hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Kinder zu verantwortungsbewussten Mitgliedern einer demokratischen, pluralistischen Gesellschaft zu erziehen, in der Menschen mit unterschiedlichen ethnischen, religiösen, kulturellen und politischen Hintergründen und Prägungen zusammenleben können.
Dieses Erziehungssystem basiert auf den Werten des Judentums, der Liebe zum Land Israel und den Prinzipien der Freiheit und Toleranz. Ziel ist es, den Schülern ein umfassendes Wissen auf einem hohen Niveau zu vermitteln, wobei besonders viel Wert auf naturwissenschaftliche und technologische Kenntnisse gelegt wird, da diese für die fortdauernde Entwicklung des Landes sehr entscheidend sind.
Bereits zum Zeitpunkt der Staatsgründung im Jahre 1948 existierte ein voll funktionierendes Bildungssystem, das von der jüdischen Gemeinschaft während der britischen Mandatszeit aufgebaut worden war. Die allgemeine Unterrichtssprache war Hebräisch. Seit der Staatsgründung stand das Schulsystem immer wieder vor der enormen Herausforderung, eine große Anzahl von immigrierten Kindern aus über 70 verschiedenen Ländern zu integrieren. Bis heute kommen jährlich Einwanderer aus den unterschiedlichsten Teilen der Welt nach Israel.
Es wurden speziell Programme entwickelt, um den Immigrantenschülern den Einstieg zu erleichtern. Konkret gehören dazu die Erstellung von Lehrplanhilfen sowie die Einführung von kurzfristigen Klassen, in denen die Schüler mit Inhalten bekannt gemacht werden, die sie in ihren Herkunftsländern nicht gelernt haben (z.B. hebräische Sprache oder jüdische Geschichte) Es wurden spezielle Ausbildungskurse für Lehrer eingerichtet, in denen sie auf die Arbeit mit Immigrantenschülern und ihren unterschiedlichen kulturellen Hintergründen vorbereitet werden. Zudem werden Schulungen für immigrierte Lehrer angeboten, um deren Anstellung im israelischen Erziehungssystem zu erleichtern.
Gleichzeitig ist das Ministerium für Erziehung in Zusammenarbeit mit den erziehungswissenschaftlichen Instituten an den israelischen Universitäten in ein laufendes Projekt eingebunden, bei welchem traditionelle Unterrichtsmethoden mit modernen pädagogischen Praktiken wie Gleichbehandlung der Geschlechter, Aufwertung der gesellschaftlichen Stellung des Lehrers, Erweiterung humanistischer Lehrpläne und Förderung von wissenschaftlichen und technologischen Studien in Einklang gebracht werden. Ein Schlüsselaspekt dieser Politik ist es, gleiche Bildungsmöglichkeiten für alle Kinder zu schaffen.
Schulische Erziehung beginnt in Israel bereits in sehr jungen Jahren, um von Kindesbeinen an eine erzieherische Grundlage, eine Art »Vorsprung« zu schaffen. So sollen die Kinder die Gelegenheit zur größtmöglichen Bildung erhalten, wobei auf Gemeinschaftskunde und Sprachentwicklung besonders Wert gelegt wird.
Eine große Zahl der Zweijährigen und fast alle Drei- und Vierjährigen besuchen eine Art Vorschule, die freiwillig und kostenpflichtig ist. Einige Vorschulen arbeiten mit Tagesbetreuungsstätten zusammen, die von Frauenorganisationen geleitet werden. Zusätzlich gibt es auch privat geführte Vorschulen. Das Erziehungsministerium teilt der Vorschulerziehung in Entwicklungsstädten und Stadterneuerungsgebieten besondere Mittel zu. Der Kindergarten für Fünfjährige ist kostenfrei und obligatorisch.
Die Ziele der Lehrpläne sind, die Grundfertigkeiten zu lehren, wozu auch Sprache und Zahlenbegriffe gehören, Denkfähigkeit und Kreativität auszubilden, sowie das Sozialverhalten zu fördern. Die Lehrpläne aller Vorschulen werden vom Ministerium für Erziehung und Unterricht gelenkt und überwacht.
Der Schulbesuch ist im Alter von 6–16 Jahren obligatorisch, bis zum 18. Lebensjahr freiwillig. Die Schulausbildung beginnt in der Grundschule mit der Primärstufe (Klasse 1–6) und wird in den weiterführenden Schulen mit der Mittelstufe (Klasse 7–9) und der Oberstufe (Klasse 10–12) fortgeführt. Etwa neun Prozent der Schüler im Alter von 13–18 Jahren besuchen Internate.
Der wachsende Einfluss der Eltern auf die Ausrichtung der Erziehung ihrer Kinder hat in den letzten Jahren einige Schulen entstehen lassen, welche die Lebensanschauungen und Überzeugung der jeweiligen Eltern- und Erziehergruppen widerspiegeln. Die meisten Unterrichtsstunden werden den allgemeinbildenden Pflichtfächern gewidmet. Während der Lehrstoff, der behandelt werden soll, im gesamten Schulsystem uniform ist, kann jede Schule aus einem breiten Angebot von Unterrichtseinheiten und Lehrmaterialien, die vom Erziehungsministerium zur Verfügung gestellt werden, das auswählen, was am ehesten den Bedürfnissen der Schüler und den Anschauungen der Schule gerecht wird. Jedes Jahr wird ein spezielles Thema von nationaler Bedeutung ausgewählt, das in allen Klassen eingehend behandelt wird, um das Verständnis der Schüler für die Gesellschaft, in der sie leben, zu vertiefen. Solche Themen befassen sich mit demokratischen Werten wie Frieden, der hebräischen Sprache, Israel als Einwanderungsland, Jerusalem oder mit der Industrie. Verwaltung und Struktur.
Das Erziehungsministerium ist für die Lehrpläne, die pädagogischen Standards, Ausbildung und Kontrolle des Lehrpersonals und den Bau von Schulgebäuden verantwortlich, wohingegen deren Unterhalt und Ausstattung den Kommunen obliegen. Erzieher und Grundschullehrer sind Angestellte des Erziehungsministeriums, während das Lehrpersonal an Mittel- und Oberschulen Angestellte der Kommunen sind. Das Erziehungsministerium bezuschusst jedoch je nach Anzahl der Schüler den Bildungsetat der Kommunen. Die Regierung finanziert 72 Prozent der Ausgaben im Erziehungssystem.
Die meisten weiterführenden Schulen bieten akademische Lehrveranstaltungen im Bereich der Natur- und Geisteswissenschaften an, die auf ein Hochschulstudium vorbereiten und zum Erwerb der Zulassungsqualifikation für das Studium an einer Universität oder einem College führen.
Jugendliche, die keine dieser oben genannten Schulen besuchen, fallen unter das Ausbildungsgesetz, das vorschreibt, dass sie eine anerkannte Berufsschule besuchen müssen, um einen Handwerksberuf zu erlernen. In den Schulen werden Ausbildungsprogramme vom Arbeitsministerium angeboten, die an Berufsnetze angeschlossen sind. Diese Ausbildungen dauern drei oder vier Jahre.
Höhere Bildung spielt eine Schlüsselrolle in der ökonomischen und sozialen Entwicklung des Landes. 1924, beinahe ein Vierteljahrhundert vor der Staatsgründung Israels, wurde das Technion, das Israelische Institut für Technologie, in Haifa eröffnet, um Ingenieure und Architekten auszubilden, die man dringend für den Wiederaufbau des Landes benötigte. 1925 wurde die Hebräische Universität in Jerusalem als Hochschulzentrum für die Jugend im Land Israel und als Sammelpunkt für jüdische Studenten und Gelehrte aus dem Ausland gegründet. Als Israel 1948 die Unabhängigkeit erlangte, waren an beiden Hochschulen zusammen ca. 1600 Studenten eingeschrieben. Heute besuchen ungefähr 154.000 Studenten die Hochschuleinrichtungen in Israel. Davon sind 102.000 Studenten an Universitäten eingeschrieben, 24.000 besuchen Colleges, während 28.000 an Kursen der Offenen Universität teilnehmen.
Alle Hochschulen haben gesetzlich garantierte volle akademische und administrative Freiheit und sind offen für alle Bewerber, die die Aufnahmebedingungen erfüllen. Neueinwanderer und nicht hinreichend qualifizierte Studienplatzbewerber können ein besonderes Vorbereitungsprogramm besuchen, das sie nach erfolgreichem Abschluss dazu befähigt, die Zulassung zum Studium an einer Hochschule zu beantragen.
Die Hochschuleinrichtungen in Israel unterstehen dem Rat für Hochschulwesen, an dessen Spitze der Minister für Erziehung, Kultur und Sport steht. Dem Rat gehören Akademiker, Repräsentanten gesellschaftlicher Gruppen sowie ein Vertreter der Studentenschaft an. Der Rat für Hochschulwesen gewährt die Anerkennung der Hochschulen, genehmigt die Verleihung von akademischen Graden und berät die Regierung bei der Entwicklung und Finanzierung von Hochschulausbildung und wissenschaftlicher Forschung.
Aufgrund des obligatorischen Militärdienstes, der für Männer drei Jahre und für Frauen fast zwei Jahre dauert, sind die meisten israelischen Studenten älter als 21 Jahre, wenn sie mit dem Studium beginnen. Bis in die frühen 1960er Jahre hinein strebten die Studenten primär ein Hochschulstudium an, um ein breites Allgemeinwissen zu erlangen. In den letzten Jahren ist ein wachsender Trend zum berufs- und karriereorientierten Studium zu beobachten. Hier gibt es ein breit gefächertes Angebot. Zur Zeit sind gut über die Hälfte der israelischen jungen Erwachsenen im Alter von 20 bis 24 Jahren in einer der Hochschuleinrichtungen des Landes eingeschrieben.
Das Technion – Israelisches Institut für Technologie (Israel Institute of Technology) – das 1924 in Haifa gegründet wurde, hat einem Großteil der Ingenieure, Architekten und Stadtplaner des Landes einen akademischen Grad verliehen. In den letzten Jahren wurde das Technion um die Fakultäten für Medizin und Naturwissenschaften erweitert. Es dient als Zentrum für Grundlagen- und angewandte Forschung in den Natur- und Ingenieurwissenschaften zur Förderung der industriellen Entwicklung Israels.
Die Hebräische Universität von Jerusalem (The Hebrew University of Jerusalem), die 1925 gegründet wurde, umfasst Fakultäten für fast alle Forschungsgebiete von Kunstgeschichte bis zur Zoologie und beherbergt die israelische Nationalbibliothek. Seit ihrer Gründung sind die Wissenschaftler der Hebräischen Universität an jeder Phase Israels nationaler Entwicklung aktiv beteiligt gewesen. Die Abteilung für Judaistik zählt zu den größten in der Welt.
Das Weizmann-Forschungsinstitut (Weizmann Institute of Science) wurde 1934 in Rechovot gegründet, 1949 erweitert und nach Dr. Chaim Weizmann, Israels erstem Staatspräsidenten und berühmtem Chemiker, umbenannt. Heute ist es ein renommiertes Zentrum für Forschungs- und Doktorandenstudien in Physik, Chemie, Mathematik und anderen Naturwissenschaften. Die Wissenschaftler in diesem Forschungsinstitut arbeiten an Projekten zur Beschleunigung der industriellen Entwicklung und Förderung der Gründung neuer Unternehmen im naturwissenschaftlichen Sektor. Innerhalb des Institutes gibt es eine Abteilung für naturwissenschaftliche Lehre, welche Lehrpläne für weiterführende Schulen erarbeitet.
Die Bar-Ilan-Universität (Bar Ilan University), 1955 in Ramat Gan gegründet, setzt einen einzigartigen integrativen Ansatz in die Praxis um. Die geistigen Werte des jüdischen Erbes werden mit einer liberalen Ausbildung in den verschiedensten Fachbereichen, vor allem auf dem Gebiet der Sozialwissenschaften kombiniert. Als eine Universität, die Tradition und moderne Technologien verbindet, beherbergt sie Forschungsinstitute für Studien in Physik, medizinische Chemie, Mathematik, Wirtschaftswissenschaften, Strategische Forschung, Entwicklungspsychologie, Musikwissenschaften, Bibel- und Talmudwissenschaften, jüdisches Gesetz und anderen Wissenschaftsbereichen.
Die Universität Tel Aviv (Tel Aviv University), die 1956 gegründet wurde, entstand durch den Zusammenschluss von drei bereits existierenden Instituten. So erhielt die Region um Tel Aviv, der bevölkerungsreichste Teil des Landes, endlich eine eigene Universität. Heute stellt sie Israels größte Universität dar mit einem breiten Spektrum an Studienfächern und einem Schwerpunkt auf Grundlagen- und angewandter Forschung. Zu der Universität gehören spezielle Institute für strategische Forschung, Gesundheitssystemmanagement, Technologieprognose und Energieforschung.
Die Universität Haifa (Haifa University), die 1963 gegründet wurde, bildet das Hochschulzentrum im nördlichen Teil des Landes und bietet durch eine besondere Anordnung der fachübergreifenden Zentren und Institute die Möglichkeiten für ein interdisziplinäres Studium. Zu der Universität gehört eine Abteilung für das Studium des Kibbuz als sozioökonomische Einheit sowie als ein Zentrum, das sich der Förderung des Verständnisses und der Kooperation zwischen Juden und Arabern in Israel widmet.
Die Negev-Universität Ben Gurion (Ben Gurion University of the Negev) in Beer Sheva wurde 1967 als Hochschulzentrum für die Einwohner im Süden Israels und zur Förderung der sozialen und wissenschaftlichen Entwicklung der Wüstenregion des Landes gegründet. Die Universität hat bedeutende Beiträge zur Trockengebietsforschung geliefert. Ihre medizinische Fakultät hat eine bahnbrechende Arbeit auf dem Gebiet der Sozialmedizin in Israel geleistet. Zu dem Universitätscampus beim Kibbuz Sde Boker gehört ein Forschungszentrum für das Studium der historischen und politischen Aspekte des Lebens und der Epoche David Ben Gurions, des ersten israelischen Premierministers.
Akademien und Seminare: In ländlichen Regionen bieten regionale Akademien unter der Schirmherrschaft einer Universität Hochschulseminare an, um den dort ansässigen Studenten ein Grundstudium in der Nähe ihres Wohnortes zu ermöglichen. Das sich anschließende Hauptstudium mit Abschlussexamen wird an der Universität selbst absolviert.
Einige private Akademien, an denen ein akademischer Grad erworben werden kann, bieten sehr gefragte Studiengänge wie Business Administration, Jura, Informatik oder Betriebswirtschaftslehre an. Andere Akademien bieten Ausbildungen in künstlerisch-musikalischen oder technologischen Berufen an.
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